Fehlstart
Die Bundesregierung plant ein neues Gesetz zur Reformierung der Intensivpflege. So soll Licht ins Dunkel unseriöser Anbieter gebracht werden, die sich bei Abrechnung und Erbringung von Pflegeleistungen allerhand Betrugsmaschen zu Nutze machen. Ebenso ist geplant, die pflegerische Versorgung von Menschen mit Beatmung unter dem Vorwand der Qualitätssteigerung in stationären Einrichtungen erfolgen zu lassen. So soll Pflegepersonal aus der 1:1 Versorgung freigesetzt werden, um im stationären Bereich mehr Menschen versorgen zu können.
Schon im Referentenentwurf bleiben wichtige Fragen jedoch ungeklärt. Unklar ist, ob auch aktiv an der Gesellschaft teilhabende Menschen mit Beatmung künftig ihr Zuhause gegen ihren Willen verlassen müssen, um stationär gepflegt zu werden. Artikel 11 des Grundgesetzes sichert die freie Wahl des Wohn- und Aufenthaltsortes zu. Auch die Beantwortung der Frage nach geeignetem Pflegepersonal für künftig stationär zu versorgende Menschen mit Beatmung lässt der Gesetzentwurf offen.
Zwischen Entwurf und Gesetz
Das Bundesministerium für Gesundheit hat das RISG in seiner Entwurfsform veröffentlicht. Nach der Struck´schen Regel verlässt zwar kein Gesetz den Bundestag im gleichen Wortlaut, wie es in selbigen eingebracht wurde. Die Erfahrungen der Ära Spahn zeigen jedoch, dass zwischen den ursprünglichen Vorhaben des Ministeriums bis zur Verabschiedung neuer Gesetze am Ende nicht viele Unterschiede auszumachen waren.
Fehler
Es ist richtig, jenen einen Riegel vorzuschieben, die sich durch den Einsatz unqualifizierter Pflegekräfte in der ausserklinischen Intensivpflege das eigene Konto füllen möchten. Hier werden Menschenleben gefährdet! Einzelfälle dürfen jedoch nicht dazu führen, dass ein ganzer Versorgungssektor unter Generalverdacht gestellt wird. Genau so falsch ist es, schon heute hoffnungslos überforderte Pflegeheime zusätzlich mit der Erbringung von Intensivpflege beauftragen zu wollen, wie es das RISG vorsieht.
Zuständigkeiten
Nachdem das geplante RISG nicht die erste Idee in einer ganzen Reihe wirkungsloser Aktionismen der Großen Koalition ist, muss sich das Bundesministerium für Gesundheit die Frage gefallen lassen, welche beruflichen Qualifikationen Referentinnen und Referenten vorzuweisen haben, um mit dem Verfassen wegweisender und die öffentliche Debatte bestimmender Gesetzestexte betraut zu werden. Einzig vom Minister selbst ist bekannt, dass dieser keine pflegerische Ausbildung vorzuweisen hat. Angesichts der vielen Luftnummern in Form wirkungsloser Stärkungsgesetze in der Pflege ist davon auszugehen, dass der pflegerische Hintergrund im Bundesministerium für Gesundheit eher dünn ist.
Fazit
Der Gesetzgebungsprozess zum RISG steht gerade erst am Anfang und lässt wenig Gutes erwarten. Das verantwortungslose Veröffentlichen eines halbgaren Referententextes im Falle des RISG schürt jedoch Ängste und Unsicherheiten.
Die Folgen: Wütende Proteste und ein genervter Minister, der sich schnell um Relativierung bemühte!
Die bisherige Erfolgsquote der Bundesregierung auf dem Gebiet der Gesetzgebung für die Pflege ist an wenigen Beispielen abzulesen. Seit Amtsantritt von Jens Spahn sehen wir keine nennenswerten Lohnzuwächse bei Pflege- und Gesundheitsberufen, wir sehen keine Entlastung in den Dienstplänen von Pflegestationen und, der wahrscheinlich deutlichste Indikator für das Scheitern CDU geführter Pflegepolitik: Pflegende Angehörige fühlen sich, infolge der desolaten Fachkräftesituation im Bereich der ambulanten Pflege, nach wie vor im Stich gelassen und zu wenig entlastet.
Das RISG in seiner jetzigen Form darf so nicht in Kraft treten!
Eine Antwort auf „RISG – Reha und Intensivpflege Stärkungsgesetz – Eine Kritik“